Geklebte Werbung

Veröffentlicht am 5. Juli 2025 um 11:30

Auf der Rückseite eines Straßenschildes am Innenhafen wurden vier kleine Monster aufgereiht. Dem Lichtschaden nach zu urteilen, hängen sie hier bereits länger. Alle reißen das Maul auf. Mit ihrer comichaften Erscheinung würden sie zur Bereicherung jedes Stickersymposiums beitragen. Erst bei näherem Hinsehen offenbaren sie ihre andere Nachricht: Aus Werbezwecken wurden sie mit dem Namen einer Duisburger Agentur versehen. Obwohl Sticker klein sind und leicht übersehen werden, setzen Unternehmen in großer Zahl auf sie, um mit ihnen ihre Sichtbarkeit zu erhöhen. Besonders kleinere Firmen, die ihre Reichweite schnell erhöhen wollen, setzen auf Distribution in der Stadt. Dabei hilft es, wenn das Image der Branche mit einer gewissen Nähe zur Straße verbunden wird: Besonders gerne werben Tattoo-Studios und Kunstschaffende aller Art mit Aufklebern im Stadtraum. Bringt man die Sticker nur in großer Zahl bei Freund*innen und Fördernden unter, verteilen sie sich von selbst in der Stadt. Dieses Guerillamarketing stammt bereits aus den 1990er Jahren, als auch große Marken mit Stickern warben. 

Eigentlich liegt die Nähe zur Werbung im Konzept der Sticker selbst begründet. Durch Sichtbarkeit im Stadtraum soll die Sichtbarkeit der eigenen Idee erhöht werden, sei sie hedonistisch oder empathisch: Schon die frühen Graffitis aus den 1970er Jahren entstanden in einer Welt, in der Werbung allgegenwärtig war. Deshalb tauchen auf vielen Pieces der Frühzeit die großen amerikanischen Brands und Marken auf. Um sich von den Originalen abzugrenzen, verzerrten die Sprayer nicht selten die Werbebotschaft. Den Protagonisten war klar: Wenn sie die Wiedererkennbarkeit der eigenen Graffitis erhöhen wollen, müssen sie auf die Methoden der Profis aus den Werbeagenturen zurückgreifen. (Wacławek, Graffiti und Street Art, S. 48)

Für Duisburg lässt sich das sogenannte Adbusting bei Stickern der 1980er Jahre nachweisen. Um eine politische Botschaft sichtbar zu machen, wurde auf das Logo eines großen Getränkeherstellers zugegriffen. Dieses sogenannte Adbusting findet sich heute an vielen Orten in Duisburg. Besonders gerne greifen die Stickernden auf das Logo einer lokalen Großbrauerei zu und verändern es zu ihren Zwecken.

Ferdinand Leuxner

Foto: Archiv für alternatives Schrifttum, 1982

Abb. oben: Monstersticker am Innenhafen, Foto: Leuxner 2025.

Abb. rechts: Rot-Front, Foto: Archiv für alternatives Schrifttum Duisburg, 2025.

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