An der Ampel, die von der Duisserner Wintgenstraße zum Spielplatz an der Rübenstraße überleitet, befindet sich ein Sticker, der hier bereits lange Zeit zu kleben scheint. Der ursprünglich einmal gelbe Hintergrund ist von der Sonne an vielen Stellen aufgebrochen worden. Hier und da wurden größere Löcher in das Werk gerissen. Die Qualität des Motivs ist aber trotz der Bestandsverluste noch gut erkennbar.
In kräftigen Farben, blau mit einer weißen Umrandung, steht ein anthropomorphes (= menschenähnliches) Wesen im Mittelpunkt. Es hat zwei Beine und zwei Arme, die aber jeweils nur drei Finger bzw. Zehen besitzen. Auch die Krümmung der Extremitäten ist in der Natur nicht zu finden. Der Kopf ist seltsam verformt und schließt mit zwei Ohren ab, die an das Hörorgan des Rehs erinnern. Die Augen wurden aus wenigen Kreisen gearbeitet, unterscheiden sich aber in Größe und Anordnung voneinander. Auffällig ist, dass das Wesen den Passant*innen die (ebenfalls blaue) Zunge herauszustrecken scheint.
Das Motiv der herausgestreckten Zunge ist in der Kunst vielfältig vertreten. Erinnert sei an das Logo der Rolling Stones, deren „Tongue and Lips“ aber eine dezidiert sexuelle Komponente besitzt. Der Gestus der Figur von der Wintgenstraße stellt vielmehr den höhnischen Charakter des Zunge-Herausstreckens in den Vordergrund. Teil der Popkultur wurde das Bild von Albert Einstein, der dem Fotografen Albert Sasse an seinem 72. Geburtstag im Jahr 1951 seine Zunge zeigte.
Mit seinem entstellten Äußeren verweist der Sticker auf die Krampus- oder Perchtenmasken im Alpengebiet. Diese werden nicht selten mit einer heraushängenden Zunge (und Rehohren) dargestellt, wenn sie bei Fastnachtsumzügen, dem süddeutschen Äquivalent zum Karneval, zum Einsatz kommen. Der Duisburger Rosenmontagsumzug verläuft zwar nicht durch die Wintgenstraße, aber es scheint auch hier ein bisschen Karnevalskultur zu finden zu sein. Vor der Hochfelder Pauluskirche ist das gleiche Motiv zu finden.
Ferdinand Leuxner


Zum Weiterlesen:
Michael Stöhr: Masken mit herausgestreckter Zunge. In: Maskenmuseum Diedorf. Masken mit herausgestreckter Zunge - maskenmuseum-diedorf
Abb.en Leuxner, 2025.
Kommentar hinzufügen
Kommentare