Der Male gaze (engl. männlicher Blick) „ist die Darstellung von Frauen aus einer männlichen, heterosexuellen Perspektive.“ (Wikipedia, Male gaze) Wenn sich eine Frau beispielsweise im Film übergibt, dann ahnen die Zusehenden bereits: Wahrscheinlich ist sie schwanger. Erbrechen bei Frauen hat viel seltener etwas mit zu starkem Alkoholkonsum zu tun, als es bei männlichen Filmprotagonisten der Fall ist. Schwangerschaft läuft im Film darüber hinaus auch ganz selten ohne Komplikationen ab. Wenn Männer Filme machen, dann kotzen Frauen in froher Erwartung.
Manche Duisburger Sticker fassen den männlichen Blick noch einmal wesentlich strenger auf: Immer wieder stößt man überall im Stadtgebiet auf Darstellungen von Männern aus einer männlichen Perspektive. Auf diesen Aufklebern stehen, liegen oder sitzen junge Erwachsene, die über ihre Kleidung – kurze Hosen, Fußballtrikots – oder über ihre entblößten Oberkörper eindeutig als Cis-Männer identifiziert werden können.


Bei den Objekten scheint es sich um Schnappschüsse zu handeln, die über Internetanbieter zu Stickern gemacht wurden. Nachgewiesen werden können Urlaubsbilder mit Palmen im Hintergrund, genauso wie Situationen an Esstischen und vor bürgerlichen Fußmatten. Es ist lediglich die Handlung, die all die männlichen Sticker miteinander verbindet: Dargestellt wird der Konsum von alkoholischen Getränken und der daraus resultierende Rausch.
Zu sehen sind Männer mit Bierdosen in der Hand, Männer mit Schnapsflaschen, trinkende, besoffene und schlafende Männer. Sie feiern mit der Droge das Leben und – vor allem – sich selbst. Der Schritt in die Öffentlichkeit kann von Selbstbewusstsein zeugen oder ist eine Schnapsidee im Wortsinne. Was bleibt, ist eine Erinnerung an besondere Ereignisse. Es wäre an der Zeit, dass auch Frauen in dieser Art und Weise in die Öffentlichkeit treten. Damit die Schwangerschaft nicht das einzige ist, was die immer noch männlich geprägte Öffentlichkeit mit kotzenden Frauen verbindet.
Ferdinand Leuxner
Abb. Leuxner, 2025. Um die Persönlichkeitsrechte der dargestellten Personen zu respektieren, wurden die Gesichter auf den Stickern unkenntlich gemacht.
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