Kein Atommüllzentrum in Duisburg

Veröffentlicht am 1. Oktober 2025 um 14:37

Die deutsche Anti-Atomkraft-Bewegung gehört zu den größten ihrer Art weltweit. Sie entstand bereits in den 1970er Jahren. Im Zuge der Ölkrise vernetzten sich die bisher zumeist lokal aktiven Initiativen, die sich aus Wissenschaftler*innen, einzelnen Medien und engagierten Bürger*innen, Parlamenten und Institutionen zusammensetzten. Früh nutzte man übergreifende Zeichen und Symbole wie die sogenannte lachende, rote Sonne, die erstmals in Dänemark eingesetzt worden war. Sie wurde auf T-Shirts, Banner und nicht zuletzt auf Stickern abgebildet und entwickelte sich zum offiziellen Logo der Bewegung. Zu Hotspots der Anti-AKW-Bewegung entwickelten sich die Standorte von geplanten oder bereits errichteten Atomkraftwerken. 

Aber der Protest gegen die Nutzung von Atomkraft schwappte spätestens in den 1980er Jahren auch direkt ins Stadtgebiet von Duisburg. Im Archiv für alternatives Schrifttum hat sich heute ein Sticker erhalten, der um 1985 entstanden sein dürfte. Das Archiv gibt für den runden Aufkleber, der aus Papier mit einer Klebefläche hergestellt worden ist, einen Durchmesser von ca. 12 Zentimetern an, was ihn zu einem mittelgroßen Kleber macht. Der Sticker sollte Passant*innen also ins Auge fallen.

Auf dem Sticker finden sich einige Zeichen, die universell lesbar sind: Er ist in Gelb gehalten, der Farbe, die auch vom Warnzeichen W05 als internationales Gefahrensymbol für Radioaktivität genutzt wird. Und auch die drei tortenförmigen Strahlensymbole in Schwarz sind auf dem Sticker verewigt. Sie scheinen über dem stilisierten Stadtgebiet von Duisburg – der Rhein ist eindeutig zu erkennen – zu schweben. Daneben ein kleiner Dartpfeil, der einen Standort anzeigt. Die Bildumschrift macht deutlich, vor was der Sticker warnt: „Kein Atommüllzentrum in Duisburg“ und, kleiner, „und anderswo“.

Der Aufkleber spielt auf damals brandaktuelle Ereignisse an. Denn Anfang der 1980er plante die Gesellschaft für Nuklear-Service, ein Unternehmen, das sich auf die Entsorgung und Stilllegung atomarer Anlagen spezialisiert hatte, den Bau eben eines solchen Atommüllzentrums im Stadtteil Wanheim. In drei Hallen sollte schwach bis mittelradioaktive Abfälle gelagert und getrocknet werden, ehe sie in andere Zwischenlager weitertransportiert werden sollten. 

Die Bevölkerung protestierte mit diesen Stickern. Wir wissen nicht genau, in welcher Anzahl die kleinen Kleber in Duisburg sichtbar waren. Letztendlich blieb der Widerspruch vonseiten der Zivilgesellschaft aber ohne Erfolg. 1985 wurde das Zentrum eingeweiht. Immer wieder protestierten Anwohner*innen auch in den folgenden Jahren gegen das Zentrum. Erst im Jahr 2020 schloss es für immer seine Pforten – der Atomausstieg der Bundesregierung war der Grund. Der kleine Sticker im Archiv ist bis heute Zeugnis davon, dass auch Duisburg ein lokales Zentrum der Anti-AKW-Bewegung war. Ferdinand Leuxner

 

Abb. Archiv für alternatives Schrifttum.

 

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