Kleben verboten

Veröffentlicht am 10. Oktober 2025 um 10:22

Das Viertel zwischen Karl-Lehr-Straße und Sternbuschweg wird vor allem von Ein- und kleinen Mehrfamilienhäusern beherrscht, die sich hier entlang der Bahntrasse aufreihen. Im Zentrum des Areals ist eine Liegenschaft des Polizeipräsidiums Duisburg zu finden, in der auch die öffentliche Polizeikantine untergebracht wurde. Es handelt sich also um einen Kiez, der eine niedrige Kriminalitätsrate aufweisen dürfte. Dennoch wird der zentrale Platz und die gleichnamige Straße immer wieder Ziel von ordnungswidrigem Verhalten: Denn auf der Vorderseite des Straßenschildes der „Bunsenstraße“ bzw. des „Bunsenplatzes“ wird regelmäßig das erste „N“ mit Stickern überklebt.

Menschen, die Aufkleber im Stadtraum verteilen, wissen es zumeist: Theoretisch stellt jede Anbringung der Kleber eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einem Bußgeld geahndet werden kann. Anders als beim gesprayten Graffiti ist dabei der Straftatbestand der Sachbeschädigung nicht erfüllt, weil die Objekte meist nicht lange halten und folglich auch die Oberflächen nicht nachhaltig beschädigen können. Vielmehr gehen die Städte in kommunalen Paragrafen zu „Wildplakatierung“ gegen das Stickern vor.

Das Ordnungsamt Duisburg fasst die Aufkleber beispielsweise unter dem Begriff „Schmierereien“ mit Plakaten und Graffiti zusammen: „Das unbefugte Anbringen oder Anbringen lassen von Plakaten und gleichartigen Werbemitteln sowie jedes unbefugte Verunreinigen, Beschmieren, Bemalen, Bekleben oder Besprühen an bzw. von Verkehrsflächen und Anlagen sowie Bäumen ist verboten.“ (Stadt Duisburg) In der Praxis gestaltet sich die Umsetzung dieser Paragrafen allerdings als schwierig.

Die schiere Masse der Sticker hindert Ordnungskräfte daran, die Stadt vollständig von den Klebern zu reinigen. Hier und da entfernt man, ehe die Kleber an gleicher Stelle wieder auftauchen. Von den Anwohner*innen wird die Praxis vielerorts auch geduldet, weil durch die Sticker triste Stromverteilerkästen in bunte Kunstwerke verwandelt werden. Eine Ausnahme bilden allerdings die Vorderseiten der Straßenschilder und Verkehrszeichen. 

Ist die Verkehrssicherheit nicht mehr gewährleistet, weil etwa unklar bleibt, ob in der Straße 30 oder 50 gefahren werden darf, greift die Stadt Duisburg seit dem Sommer 2025 auf künstliche Intelligenz zurück: So wurde in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung unter dem Titel „Künstliche Intelligenz klassifiziert Schilder“ eine Kamera in den Müllfahrzeugen der Duisburger Wirtschaftsbetriebe vorgestellt. Straßenschilder, deren Funktion durch Überkleben nicht mehr eindeutig entziffert werden kann, werden mithilfe der Kameras erfasst, in einem zentralen Dashboard gesammelt und schließlich händisch gereinigt.

Der Reiz für die Stickernden in Duisburg und anderswo besteht auch in der geschickten Kommunikation: Ein Kleber auf einer Vorderseite wird nicht lange bestehen, wenn nicht die Nachbarn mit dem Inhalt einverstanden sind. Während der Kleber mit der Aufschrift „Live Fast, Sin Hard“ auf einem Haltestellenschild der DVG am Schnabelhuck bereits schnell wieder entfernt wurde, hält sich der Kleber über dem „N“ in der Bunsenstraße wacker. Ferdinand Leuxner

 

Alle Abb.en Leuxner 2025.

 

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